Die Mitglieder unseres Teams sind in verschiedene Forschungsprojekte eingebunden, in denen sie mit Religionswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern, aber auch Vertreterinnen anderer Disziplinen kooperieren. Es sind sowohl historische als auch gegenwartsorientierte Projekte dabei.

Aufnahme einer braunen alten Schreibtischlampe.

Forschung ist gefährlich: Man könnte etwas Neues entdecken.

Gerhard Kocher (*1939)

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Multiple Secularities – Beyond the West, Beyond Modernities

The Centre for Advanced Studies in the Humanities and Social Sciences "Multiple Secularities – Beyond the West, Beyond Modernities" investigates forms and arrangements of differentiation between religious and other social spheres, practices, interpretive frameworks, institutions and discourses in different eras and regions. We refer to such arrangements, which are often contentious, with the heuristic term "secularities". Based on the hypothesis that drawing boundaries between the religious and non-religious is not an exclusive sign either of modernity or of the "West", we explore corresponding emic taxonomies, forms of social differentiation and modes of demarcation. These are to be analysed in their internal developments as well as in relation to modern "Western" concepts of social order. In this way, we hope to explain current forms of secularity in different regions and the concomitant conflicts about the power of interpretation and claims to validity. The particular nature of this project is that it transcends modernisation theory, as well as the evolutionary, ethnocentric and normative perspectives, which are often peculiar to debates on secularisation and secularism, whether affirmative or critical. We are therefore opening up an interdisciplinary, global research perspective, which otherwise appears distorted by the narrowness of current debates. We bring together the perspectives of religious studies and sociology, different area studies, as well as history and anthropology. The systematic inclusion of pre-modern cultures is another novel element. Lastly, we transcend the isolated issue of the transcultural applicability of the term “religion” by focusing on the processes of differentiation between "the religious" and "the secular" or related distinctions. In the first four-year period of its work, the Centre for Advanced Studies in the Humanities and Social Sciences will focus on different regions of the "Islamic world" as well as of Asia – deliberately not starting with Europe or the US as the areas that might first come to mind when the secular, secularism and secularity are being dealt with.

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When Healing Fails: Kognitive Dissonanz und Faktoren der Resilienz bei gescheiterten religiösen Handlungen. Eine vergleichende Studie dreier lokaler Christentümer

Das Forschungsprojekt fragt, wie christliche Gläubige mit dem Ausbleiben religiöser Heilung und Wunder umgehen. Das Ausbleiben einer (religiösen) Erwartung erzeugt kognitive Dissonanzen (Festinger et al. 1957). Bestimmte kommunikative und Verhaltensformen werden nötig, um diese Enttäuschung zu plausibilisieren. Eine zentrale Frage lautet daher: Können sich religiöse Gemeinschaften gegen erlebte Kontingenzen dauerhaft immunisieren? Die Theorie Kognitiver Dissonanz soll zudem um neuere Erkenntnisse der soziologischen Resilienzforschung erweitert werden. Methodisch strebt das Projekt einen Vergleich von drei lokalen Christentümern an. Damit ist das Ziel verbunden, eine übergreifende Typologie zu den kommunikativen Faktoren der Resilienz zu entwickeln.

Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter

Prof. Dr. Sebastian Schüler

Prof. Dr. Sebastian Schüler

Universitätsprofessor

Religionswissenschaft
Institutsgebäude
Schillerstraße 6, Raum S 110
04109 Leipzig

Telefon: +49 341 97 - 37161
Telefax: +49 341 97 - 37169

Jun.-Prof. Dr. Bernadett Bigalke

Jun.-Prof. Dr. Bernadett Bigalke

Juniorprofessorin

Religionswissenschaft (JP)
Institutsgebäude
Schillerstraße 6, Raum 115
04109 Leipzig

Telefon: +49 341 97 - 37163
Telefax: +49 341 97 - 37169

Die religionswissenschaftliche Erforschung des Engagements von religiösen Jugendlichen mit Migrationshindergrund in Vereinen

Deutschland zeichnet sich als demokratische Migrationsgesellschaft vor allem in städtischen Räumen durch kulturelle und religiöse Vielfalt und zugleich durch ein hohes zivilgesellschaftliches Engagement von Vereinen und Einzelpersonen aus. Etablierte christliche Kinder- und Jugendverbände stehen jedoch seit langem vor der Herausforderung, dass sie junge Menschen mit Migrationshintergrund kaum erreichen. Stattdessen engagieren sich diese selbstständig in eigenen religiösen und kulturellen Vereinen und Verbänden. Ziel des Vorhabens ist, die Gründe für diese Entwicklung offenzulegen, somit ein Forschungsdesiderat in der Jugend- und Verbandsforschung aus religionswissenschaftlicher Perspektive zu schließen und im interdisziplinären Austausch Empowerment-Konzepte um religiös und kulturell begründete Orientierung zu erweitern. Die forschungsleitende These lautet, dass junge Menschen durch die Etablierung eigener Organisationsstrukturen jenseits der Migrationsgemeinden und etablierter Verbände kollektives Empowerment entwickeln und dadurch religiöse, ethnische und kulturelle Minderheitenerfahrungen kompensieren. Zugleich können sie als eigenständige Organisationseinheiten an Förderstrukturen und Netzwerken teilhaben, die ihr strukturelles Empowerment (Professionalisierung und Zugriff auf Ressourcen) begünstigt. Mittels der Dokumentarischen Methode und sozialer Netzwerkanalyse rekonstruiert das religionsvergleichende Projekt in Gruppeninterviews mit VertreterInnen muslimischer, christlicher, hinduistischer, buddhistischer, jüdischer und nicht-religiöser Jugendvereine mit Migrationshintergrund (VJM) Orientierungssinn und korporatives Verhalten. Das Projekt hat großes Potenzial für die Religionsforschung im Themenfeld Migration und Jugend und wird darüber hinaus transdisziplinär mit Akteuren aus dem Feld Beteiligungsstrukturen für bürgerschaftliches Engagement erörtern und ihre Vernetzung digital sichtbar machen.

Konstellationen des Verhältnisses von religiösen Minderheiten- und Mehrheiten in pluralen Gesellschaften

Das Netzwerk geht der forschungsleitenden Frage nach, wie sich religiöse Minderheiten und Mehrheiten wechselseitig diskursiv konstituieren, d.h. wie sie sich selbst verstehen und wie sie von anderen Teilen der Gesellschaft als solche wahrgenommen und adressiert werden. Mit dem Fokus auf religiöse Institutionen, Netzwerke und Bewegungen verfolgt das Netzwerk erstens das Ziel, religiöse Minderheiten-Mehrheiten-Konstellationen (MMK) zu identifizieren und offen zu legen, wie sie sich nicht nur in Abgrenzung zur Mehrheitsgesellschaft, sondern vor allem auch in Abgrenzung zu oder in Vernetzung mit anderen religiösen Minderheiten oder Mehrheiten verstehen. Die zugrunde liegende Arbeitshypothese der Netzwerkmitglieder lautet, dass Minder- und Mehrheiten am ehesten dann als religiös attributiert werden bzw. sich als solche verstehen, wenn andere Attributionen wie ethnisch, politisch, sozio-ökonomisch usw. vermieden und bestimmte Interessenlagen kaschiert werden sollen. Zweitens werden Konsequenzen für die Wahrnehmung von MMK und ihres religiösen, gesellschaftlichen und politischen Status in den Blick genommen. Beispielsweise wird in politischen und gesellschaftlichen Debatten wird die monokulturelle Nation – sei sie nun wahlweise als christlich-jüdisch oder als säkular verstanden – oftmals als Normalfall dargestellt. Als solcher oder als Zustand, den es zumindest beizubehalten oder wiederherzustellen gelte, finden Grenzziehungen gegenüber anderen religiösen und kulturellen Positionen statt. Die Vorstellung von einer multikulturellen Gesellschaft sei in diesem Zusammenhang eine Sichtweise, die Minderheitenpositionen zu viel Gehör bzw. unverhältnismäßig Anspruch auf Gleichberechtigung verschaffe. Menschen werden medial und politisch wieder zunehmend aufgrund ihrer (vermeintlichen) religiösen Zugehörigkeit klassifiziert („die Muslime“, „die Juden“), alltägliche Lebensbereiche und öffentliche Institutionen werden als religiös bedeutsame Symbolorte deklariert (siehe die Kreuzdebatte in Bayern) und interreligiöser Dialog als Lösung für ein friedliches Miteinander postuliert. Insbesondere in Institutionen wie Schulen, öffentlichen Behörden oder gar den Landeskirchen selbst, wird der Umgang mit religiösen Minderheitenpositionen verhandelt. Das Netzwerk will den aktuellen Forschungsstand, der oftmals nur religiöse Minderheiten als solche in den Blick nimmt, erweitern. Denn wie MMK in jeweiligen sozialen Formationen entstehen, wie sie identifiziert werden können, wie sie sich wechselseitig bedingen und welche Konsequenzen sich aus diskursiven Grenzziehungen ergeben, ist eine offene Frage. Die Ergebnisse des Netzwerkes werden in Workshops und auf Tagungen präsentiert und auf einer eigenen Webseite und in wissenschaftlichen Publikationen zur Diskussion gestellt.

Projektleitung: Dr. Sabrina Weiß und Dr. Sarah Jahn

Während der Coronazeit haben wir zusammen mit Studierenden an sowjetischen religionskritischen Propagandaplakaten gearbeitet, die aus dem Staatlichen Museum für Religionsgeschichte in Sankt Petersburg stammen.

Piety and Secularity Contested: Family and Youth Politics in post-Kemalist “New Turkey”

Turkey was, until the beginning of the ‘Arab Spring’ in 2010, often regarded as a model for an Islamic country that successfully balanced a conservative religious outlook with a commitment to a liberal Western political order. In recent years, this view has changed considerably. Currently, it is more common to interpret the Justice and Development Party (Adalet ve Kalkınma Partisi/AKP) government as following an authoritarian path framed by Islamism.

This project aims for a more nuanced, empirically grounded analysis of political and social change in Turkey in the wake of the AKP’s rise to power in 2002. We take Turkish family and youth politics, which are of high symbolic significance for the negotiation of the boundaries between religion and the secular in Turkey, as a showcase for the recent transformation. Our project employs a perspective on governance that conceives of state politics and societal developments as part of one intrinsically connected process. We therefore combine analysis of the policies of the AKP government in the domains of family and youth, and the ideals and rationales driving them, with a micro-level investigation of what individuals from various socio-politically and religio-culturally specific milieus experience as the pressing issues in these domains.

The following questions guide our research: How are AKP family and youth politics represented and negotiated in the public sphere? What can be said about the normative rationale behind this politics, and what kind of political subject does it aspire to form? How does AKP family and youth politics translate into policies, laws, and regulations from the national to the municipal level? Conversely, what are, from the perspective of NGOs engaged in the field, and of Turkish citizens of different milieus, central questions and problems concerning the domains of family and youth? How does the AKP slogan of ‘raising a pious generation’ resonate in the imaginations of Turkish citizens of various social and economic backgrounds?

The research is organized into two sub-projects, on the domains of family and youth respectively, which will address our guiding questions drawing on a variety of methods connected by a Grounded Theory framework: (1) analysis of AKP discourses and policies as well as the debates surrounding them in the public sphere, (2) focus group interviews with topic-related NGOs, and (3) milieu-specific group discussions with Turkish citizens in cities and neighborhoods with different socio-political and religio-cultural fabrics. Particular attention will be given throughout to how family and youth politics (such as those regarding gender relations and religious education) are negotiated in public discourse and on the micro-levels of everyday life.

With its focus on the relationship between the top-down AKP politics of normalizing a conservative national subject on the one hand, and the dynamics of subject formation at the micro-level of society on the other, this project follows a line of investigation that pursues the question of secularism and religious revivalism as an empirical one, beyond the confines of both conventional master narratives (of modernization, for example), as well as counter projects invested primarily in unmasking the former (such as post-colonialism). The Turkish experience with governance of religion is too complex to be explained with a binary secularist versus Islamist modelling. Thus, we address how the AKP’s reformism is positioned rhetorically against Kemalist secularism, while at the same time maintaining some of its features, such as a propensity to keep religion integrated in and thus subordinate to the state structure, and to actively use state agencies to propagate its vision of correct religion, effectively turning religion into a means of government. Unlike Kemalism, however, AKP discourse connotes religion in positive terms; enhancing it has become an objective of government, epitomized in the pledge to ‘raise a pious generation’.

Theorizing religion and politics in the Turkish context needs to be adjusted to this new constellation. Inquiring into religion as a factor that is inscribed in AKP governmentality requires moving beyond the debate on secularism, which tends to attribute to religion the role of an object of politics rather than a generic source of motivation. A focus on the governmentality of the AKP needs to ask about the vision of the AKP’s piety project without succumbing to the secularist bias that portrays the anti-secularist and anti-liberal undertones of AKP discourse as merely a revisionist response to Kemalism, instead allowing for an exploration that is open to discovering other genealogies. With these considerations in mind, we approach Turkish family and youth politics as contested arenas that are shaped by secularist legacies and prospective pious futures, without ever being able to be reduced to either.

It is from this vantage point that we aim to inquire into the contours of the religious subject that the AKP aims to establish, the genealogies that it tacks onto, and the means through which it is to be created. The focus on AKP governance is decentered by empirical investigation into the experiences and hopes that ordinary Turkish citizens articulate with regard to the domains of family and youth. We do expect that these articulations by Turkish citizens of various milieus will relate to experiences with AKP governance, and react to the ideal of a pious subject that Turkish society is being confronted with so forcefully, but we do not from the outset conceive of them as merely reactive to AKP politics. In this context, we also ask about points of dialogue, as well as shared spaces between Islamic and secular sensibilities and imaginaries. We thus aspire to establish an analytical framework for studying the politics of Islam and secularism that recognizes the complex entanglements of religious and secular sentiments and worldviews.

Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter:

 

Prof. Dr. Markus Dreßler

Prof. Dr. Markus Dreßler

Universitätsprofessor

Moderne Türkeiforschung
Institutsgebäude
Schillerstraße 6, Raum S 118
04109 Leipzig

Telefon: +49 341 97 - 37167
Telefax: +49 341 97 - 37169