Das Institut für Musikwissenschaft der Universität Leipzig, das 1908 von Hugo Riemann als "Collegium Musicum" gegründet wurde, zählt zu den ältesten Standorten des Fachs. Es hat seit jeher ein mehrschichtiges, historische und systematische Perspektiven verbindendes Profil und besitzt mit dem Museum für Musikinstrumente ein weltweites Alleinstellungsmerkmal.
Bereits vor der Institutionalisierung der Musikwissenschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde musikbezogene Forschung, Lehre und Praxis an der Universität Leipzig betrieben. Ab 1839 hielt Gottfried Wilhelm Fink, Chefredakteur der Allgemeinen musikalischen Zeitung, Vorlesungen über musiktheoretische, historische und -pädagogische Themen. Hermann Langer, der als Universitätsorganist zunächst Theologiestudenten „Unterricht im liturgischen Gesang“ erteilt hatte, unterrichtete ab seiner Ernennung zum Universitätsmusikdirektor 1860 auch Formen- Harmonie- und allgemeine Musiklehre. Ab 1867 lehrte Oscar Paul, der sich 1866 habilitiert hatte und 1872 zum ao. Professor ernannt wurde, Theorie und Geschichte der Musik. Er betreute Dissertationen zu musikbezogenen Themen, darunter die von Hermann Kretzschmar (1871), der seinerseits 1887-1904 als UMD an der UL wirkte und lehrte, ab 1895 als ao. Professor. Denselben Titel erhielt 1901 Hugo Riemann, der sich 1878 an der UL habilitiert hatte und ab 1895 dauerhaft hier lehrte. 1908 gründete er das Musikwissenschaftliche Institut unter der Bezeichnung „Collegium musicum“, mit der er an eine über 200-jährige Leipziger akademische Musiktradition anzuknüpfen suchte (die sich freilich primär auf Musikensembles bezog wie das 1701 von Georg Philipp Telemann während seines Jurastudiums hier gegründete). Riemann wurde 1911 zum Honorarprofessor ernannt und gründete 1914 an der UL auch ein Staatliches Forschungsinstitut für Musikwissenschaft. Er betrachtete die Verbindung historischer, theoretischer und psychoakustischer Ansätze sowie von Forschung mit praktischer Musikausübung als zentral für das Fach. Als dritter ao. Prof. fungierte vor und nach dem Ersten Weltkrieg Arthur Prüfer.
Zwischen den beiden Weltkriegen stand im Zentrum von Lehre und Forschung die Musik der Renaissance und des Barock. Nachdem im WS 1919/20 der in Leipzig promovierte Arnold Schering vertretungsweise das Institut geleitet hatte, wurde 1920 mit Hermann Abert erstmals ein Ordinarius für Musikwissenschaft an der UL berufen. Auf ihn folgte 1923 Theodor Kroyer, dem es 1926 gelang, die ab 1895 von Paul de Wit in Leipzig angelegte und später von Wilhelm Heyer in Köln erweiterte Instrumentensammlung nach Leipzig zurückzuholen und in dem drei Jahre später im Grassi-Komplex eröffneten Museum für Musikinstrumente der UL unterzubringen, das seitdem ein Alleinstellungsmerkmal der Leipziger Musikwissenschaft bildet. Museum, Lehre und Forschungsinstitut wurden in der Folgezeit zu einem Zentralinstitut der Musikwissenschaft ausgebaut, das als eines der kleineren Fächer unter den geisteswissenschaftlichen Disziplinen über zwei wissenschaftliche Planstellen verfügte: eine ordentliche Professur und eine Assistentenstelle (besetzt von Hermann Zenck, Walter Gerstenberg und Helmut Schultz) sowie eine halbe technische Hilfskraftstelle. Nach Kroyers Wechsel nach Köln (1932) wurde im Sommer 1933 Helmut Schultz zum Extraordinarius und Institutsleiter ernannt; Heinrich Husmann wirkte als Assistent und habilitierte sich 1941. Als Schultz im Oktober 1943 zum Kriegsdienst eingezogen wurde (wo er 1945 ums Leben kam), übernahm Walter Serauky seine Vertretung.
Als am 4. Dezember 1943 die Leipziger Innenstadt durch Bombenangriffe zerstört wurde, ging auch der Trakt des Grassimuseums, in dem sich das Institut und die Bibliothek sowie das Instrumentenmuseum befanden, in Flammen auf. Daraufhin verlegte man den Lehrbetrieb in die Hochschule für Musik. Nach Einzug der Roten Armee am 2./3. Juli 1945 wurden alle Universitätsangehörigen, die Mitglied der NSDAP waren, entlassen, darunter auch Heinrich Husmann. In den Jahren nach 1945, als die Leitung des weitgehend zerstörten Instituts ungeklärt war, wurde es zunächst durch stellvertretende Direktoren aus benachbarten Instituten repräsentiert. Darunter waren der Philosoph Hans Georg Gadamer und 1947 der Archäologe Bernhard Schweizer. Beim Wiederaufbau von Institut und Instrumentenmuseum halfen ab Herbst 1945 die beiden Assistenten Gadamers wesentlich mit: Rudolf Eller und Richard Petzoldt, der 1946 die ersten musikwissenschaftlichen Vorlesungen nach dem Krieg hielt.
Nach langen Verhandlungen wurde das Ordinariat 1949 wieder eingerichtet und von dem Händelforscher Walter Serauky übernommen. Er betrieb den Wiederaufbau des zerstörten Instituts- und Museumsgebäudes, der nach drei Jahren abgeschlossen wurde. 1955 wurde das musikwissenschaftliche Institut als „historisch-systematische Abteilung“ mit der Musikerziehung formal zusammengelegt. 1956 wurde der renommierte Mittelalter- und Renaissanceforscher Heinrich Besseler als Professor von Jena nach Leipzig versetzt und teilte sich mit Serauky bis zu dessen Tod 1959 die Institutsleitung. 1963 wurde auch ein musikethnologischer Studienschwerpunkt eingeführt.
In den 1960er Jahren beseitigte die SED den nach Fakultäten gegliederten Aufbau der Universität, um sich einen direkteren Zugriff auf die Institute zu verschaffen. Aus den Fakultäten wurden Sektionen und aus den Instituten Fachabteilungen. Einer ideologischen Einflussnahme entzogen sich nur wenige Wissenschaftler, darunter der Barockforscher und stellvertretende Institutsleiter Hellmuth-Christian Wolff, der schon eine NSDAP-Mitgliedschaft verweigert hatte, und der primär über zeitgenössische Musik (insbesondere Schönberg) arbeitende Eberhardt Klemm, der als Assistent für Besseler einen Großteil der Geschäftsführung übernahm. Klemm wurde 1965 entlassen, Wolff 1967/68 degradiert. Nach Besselers Emeritierung 1965 übernahm der Hallesche Ordinarius Walther Siegmund-Schultze kommissarisch die Leitung des Instituts.
1966 wurden die Abteilungen für Musikwissenschaft und Musikerziehung zu einer Arbeitseinheit vereinigt. Fortan erhielten Studierende beider Fachrichtungen gemeinsam Unterricht. Dies führte dazu, dass Studierende der Musikwissenschaft zu einem großen Teil von Musikerziehern ausgebildet wurden. Ab 1975 durften nur noch alle zwei Jahre acht Studierende im Fach Musikwissenschaft neu immatrikuliert werden. Sie erhielten Unterricht zu Themen wie Robert Schumann (Hans-Joachim Köhler), J. S. Bach (Reinhard Szeskus), Alte Musik (Hans Grüß), Richard Wagner (Werner Wolf), Akustik (Peter Schmiedel) und Instrumentenkunde (Hubert Henkel, Winfried Schrammek). Als ord. Professoren innerhalb der Sektion für Kultur- und Kunstwissenschaften der damaligen Karl-Marx-Universität wurden 1980 Udo Klement für Musikgeschichte und 1983 Eberhard Lippold für Musikästhetik ernannt; Werner Wolf wirkte 1981-1990 als ao. Professor.
Nach der politischen Wende war zunächst der zu DDR-Zeiten aus dem Hochschuldienst entfernte Eberhard Klemm als Professor vorgesehen, der jedoch 1991 verstarb. In dieser Übergangszeit wurde das Institut kommissarisch von Michael Märker sowie Hans-Joachim Köhler geleitet, der 1992 die Professur für Musikpädagogik übernahm. 1993 wurden Musikwissenschaft und Musikpädagogik wieder getrennt und als eigene Institute der UL eingerichtet innerhalb der neuen Fakultät Geschichte Kunst- und Orientwissenschaften (GKO): Wilhelm Seidel wurde als Ordinarius für Historische Musikwissenschaft berufen, Klaus Mehner für Systematische Musikwissenschaft. Ihnen folgten Helmut Loos (2001-2017) und Sebastian Klotz (2004-2015) sowie seit 2018/19 Stefan Keym und Wolfgang Fuhrmann. Dauerhaft angestellte Dozenten und Mitarbeiter sind Bernd Franke (Tonsatz), Gilbert Stöck (Propädeutika, Gamelan) und Birgit Heise (Akustik, Organologie). Weiterhin eng mit dem Institut verflochten ist das Museum für Musikinstrumente der UL (MIMUL) im 2001-2004 generalsanierten Grassi-Gebäude. Seine Leitung, die nach Hubert Henkel und Winfried Schrammek ab 1995 Esther Fontana innehatte, wurde 2014 zu einer Professur aufgewertet, die Josef Focht übernahm. Seit 2022 leitet Stefan Hindtsche das Museum. Auch die Kooperation mit dem Bach-Archiv wurde ausgebaut. Das Institut für Musikwissenschaft war ab 1997 im ehemaligen Wohnhaus Felix Mendelssohn Bartholdys (Goldschmidtstraße 12) angesiedelt und befindet sich seit 2013 im Gebäudekomplex des „Städtischen Kaufhauses“ in der Leipziger Innenstadt, auf dem Boden des ersten Gewandhauses und Konservatoriums der Stadt Leipzig.